Würdet ihr nach der Diagnose noch Kinder wollen?

rop @, Donnerstag, 23. Februar 2017, 07:29 (vor 2591 Tagen) @ rop

Hallo Netzifrischling,

ich habe diese Phasen drei Mal erlebt.
Zum ersten Mal bei meiner gleichzeitigen Netzhautablösung 1984 auf beiden Augen (auch mit Cerclage und Plombe und später Laser versorgt), nach meiner Katarakt OP 2006. Da lachte ich die Ärzte aus: Warum soll ich da was zu verarbeiten haben, schließlich bin ich von ca. -21 und -23 dpt. und Brille (Kontaktlinsen hatte ich zu der Zeit nach
25 Jahren Tragedauer nicht mehr vertragen) auf so -2 -3 gekommen? Aber sie hatten Recht. Ich war monatelang mit mir selbst beschäftigt, kam mir vor wie neben der Spur und funktionierte, Familie und Alltag am Laufen zu halten. Zu der Zeit war ich in Elternzeit.
Ein gutes Jahr später kam ich wieder in den Genuss der Bewältigung, nachdem mir eröffnet wurde, dass ich wegen verschiedener Ursachen ohne Therapiemöglichkeit erblinde.
Diese Zeit hat massiver auf die Familie gewirkt. Die große Tochter war dummerweise zu der Zeit in der Pubertät, die kleine Schwester ein Kleinkind. Die Große hat mit Abwehr reagiert und konnte es nicht fassen, dass ihre (in ihren Augen) unfehlbare allerliebste Mama mit erst orangener, dann dunkler Kantenfilterbrille und Langstock durch die Gegend läuft. Das hat länger gebraucht.
Die Kleine dagegen hat sich gut eingefühlt und wusste, was ich sehe und was nicht. Sie konnte mit mir mitschwingen. Auf dem Weg zum Kindergarten hat sie beispielsweise die Bahnlinien und Strecken auswendig gekannt, mitgekräht und mir vorgelesen. Bevor ich das Langstocktraining machte (und ich war schnell dabei), hatte ich ein Schlüsselerlebnis: Auf dem Weg zu einem Seminar sah ich mich eine Glastür entgegen stolpern. Es war eine freie Fläche ohne Hindernisse und ich lief wie mit zwei Knoten in den Füßen. Zu der Zeit fing ich gleichzeitig an, Schutzengel im Verkehr pro Kalendertag abzureißen, war gleich auf 180, wenn die Kleine meine Hand los gelassen und sich nicht abgemeldet hatte, weil ich sie nicht sah und auf die 4-Jährige im Straßenverkehr aufpassen musste. War sie bei mir an der Hand, war das so eine Art Gespann wie beim Führhund und mir wurde nach einigen Wochen klar, dass das so nicht weiter gehen kann.

Mein Mann hatte auch Einiges zu knabbern und hat sich herein gefunden.

Gleichzeitig musste ich meine Berufstätigkeit (Schuldienst) aufgeben und meine künstlerische Tätigkeit, was natürlich auch zu bewältigen war.
In dieser Zeit der Bewältigung hatte ich eine Gesprächstherapie.

Seitdem treibe ich eigentlich Sport. Ich hatte damit früher nichts am Hut. Vielleicht ist es eine andere Art,
Kreativität raus zu lassen oder etwas kreativ umzusetzen, und sich mit dem verringerten Raum, also dem Körper in dem Raum und seiner Umgebung, zu beschäftigen, was mir für den Alltag sehr zugute kommt. Außerdem hole ich mir hierdurch viel Kraft und positive und intensive Erlebnisse, die man so in der Art nicht bekommen kann.

Dieses Jahr werde ich toi toi toi an einer Radfernfahrt mit dem Tandem und diversen Radmarathons teilnehmen.
Zum Ausgleich und zur allgemeinen Mobilisierung mache ich viel, auch Yoga und Anfang Oktober gibt es noch ein für mich großes Event. Ich bin gespannt, was an dem Tag hinterher mit meiner Gefühlswelt passiert.

So, auf dem Teppich bleiben.

Ich wünsche dir viel Kraft.

lg rop


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