Netzhautablösung und die Folgen

natalie, Donnerstag, 18. August 2005, 09:56 (vor 6798 Tagen)

Hallo,
ich bin Natalie und ich fühle mich gerade erleichtert, und doch irgendwie seltsam, da ich dieses Forum entdeckt habe. Wie es wohl allen Betroffenen irgendeiner Krankheit oder Störung geht, so war ich erst einmal überrascht zu lesen, dass es noch andere Menschen mit ähnlichen Problemen gibt; man ist oft so gefangen in seiner eigenen Welt. Und vor allem, dass bei so vielen von Euch auch psychische Probleme die Folge waren.
Nehmt Luft und Euch Zeit, hier meine Geschichte...etwas länger:
Bei mir wurde vor ca. 1,5 Jahren bei einer Routineuntersuchung auf dem linken Auge eine Netzhautablösung festgestellt, Degenerationen auf dem rechten. Die Netzhaut hatte sich auf meinem linken Auge zu diesem Zeitpunkt schon zu 2/3 abgelöst und es musste sofort operiert werden. Schock. Ich hatte nichts bemerkt. Diagnose: Hohe Myopie, mein Alter 21, das passte perfekt zu den Forschungsergebnissen der Augenmedizin. Na fein. Dann: Silikonring, Warten auf das Anlegen – einige werden dies sicher schon kennen. Ich hatte damals eine Reise geplant, und durfte sie sogar 3 Wochen nach der OP antreten. Auf dieser Reise habe ich Veränderungen im Sichtfeld bemerkt, die mich fast verrückt machten; zuhause die banale Feststellung, dies sei eine übliche Reaktion des beschädigten Glaskörpers. O-Ton: „Aus einem Wagen mit Totalschaden wird nie wieder ein Neuwagen.“ Wie auch immer.
Auch ich studiere, und das folgende halbe Jahr konnte ich mich nicht wirklich entspannen, vor allem dann nicht, wenn ich las. Bei jeder Zeile schien ich zu spüren, wie meine Netzhaut sich ablöste, jede weitere Seite lies mich besorgt zurück. Ich lief zu Ärzten, so oft ich konnte; sagte man mir, es sei alles fein, so war auch ich beruhigt – für die nächsten zwei Wochen, dann fing alles wieder von vorne an. Hypochonder. Meine Zwischenprüfung im Juli setzte ich in den Sand.. Vor einem Jahr dann ging ich für zwei Semester ins Ausland, dort besuchte ich nie einen Augenarzt (da es ihn in der deutschen Form dort auch gar nicht gibt). An die gelegentlichen ‚Mücken’ und das Flimmern, hervorgerufen durch die Verletzung des Glaskörpers, hatte ich mich schon so gut wie gewöhnt, wenn auch nicht an das schnelle Ermüden der Augen, die noch immer nicht wirklich korrigierten Kontaktlinsen. Alles zusammen erschwerte ein ständiges Lesen und machte mich mürb. Obwohl ich inzwischen bessere Linsen und eine Brille habe, so lässt es mich noch immer verzweifeln, wenn nach einigen Stunden einfach Buchstaben verschwimmen oder ich Kopfschmerzen bekomme. Denn: Lesen ist mein Leben. Klingt theatralisch, ich weiß, sorry dafür. Ich studiere Literatur und möchte später einmal in einem Verlag arbeiten. Dort mache ich auch gerade ein Praktikum. Vor zwei Tagen sprach mein Augenarzt wieder von ‚Dehnungen’, ‚rascher Kontrolle’...und so fort.
Nach nun fast 1,5 Jahren ständiger Besorgnis habe ich erkannt, dass ich Hilfe brauche, vor allem aber vieles selbst erkennen muss. So zum Beispiel, dass es nichts bringt, sich nur noch verrückt zu machen, Netzhautablösungen lassen sich nicht steuern, und man kann nicht sein ganzes Leben über den Haufen werfen – sich aber auch nicht von seiner Angst dominieren lassen. Die Theorie sitzt soweit schon mal, nun müssen den Worten nur noch Taten folgen...

Ich freue mich über Antworten, Geschichten, Austausch...

Liebe Grüße, N.


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