Erfahrungsbericht Anna-Lucia 4 Netzhaut-OPs in 5 Wochen

Anna-Lucia, Dienstag, 12. Juli 2011, 09:58 (vor 4634 Tagen) @ KAtharina

Hier mein Bericht:

Vorausgeschickt: ich bin 61 Jahre alt, sehr kurzsichtig gewesen zeit meines Lebens (blind sozusagen) und gehe ungern zum Arzt. Sobald ein Arzt zu mir sagt, ich solle mir keine Sorgen machen, alles wäre nur eine Alterserscheinung, mache ich einen Luftsprung und bin schneller aus der Praxis als man schauen kann. Draußen rufe ich dann alle meine Lieben an und sage, daß nichts wäre - wie immer und daß ich so weitermachen kann wie bisher (bisher hat noch jede Warnung nicht zugetroffen, egal wie dringend sie geäussert wurde): so war es diesmal nicht. Es waren Motten auf den Augen, ich bin zum Augenarzt, habe mich nicht abwimmeln lassen, habe mehr als 4 Stunden gewartet, bin NICHT weitgetropft worden, habe NICHT gesagt bekommen, daß es eine Netzhautablösung sein könnte und auch NICHT, daß das bei starker Kurzsichtigkeit immer eine Gefahr sein kann, auch wenn es NUR Motten sind und bin in Ruhe mit Kindern und Enkelkinder in die Osterferien weit weg ans Meer gefahren. Dort ist mir dann von oben herunter ein dunkler Bogen ins Auge gefallen, den ich glaubt ignorieren zu können, weil "ich geduldig sein soll, das würde nach unten sinken, es ist ja nur eine Alterserscheinung". Damit bin ich quer durch Europa mit dem Kleinbus nach Hause gefahren: der Schatten kam immer weiter runter. Zu Hause angekommen, habe ich meine Nachbarin gefragt, ob ich denn zu ihrem Mann morgen gehen könne (der auch Augenarzt ist), mir wäre doch sehr komisch zumute mit dem Schatten, der immer weiter runterkäme...

Der langen Rede kurzer Sinn:
sie hat mich sofort in die Uniklinik geschickt, ich bin aufgenommen und noch am nächsten Tag operiert worden. Die 1. OP war eine Plombe, die höllisch weh getan hat und nach zwei Tagen war das Auge entzündet, dunkelroter Ring ums Auge, der immer röter wurde, nach 5 Tagen entlassen mit viel Penicillin und schon nach anderthalb Tagen war die Netzhaut wieder ab, diesmal noch weiter als vorher, die 2. OP mit 40% Gas im Auge war auch nicht nett: immer nur auf dem Bauch liegen und nach unten ins Kissen gucken und nach anderthalb Tagen Entlassung und noch röterem Auge sofort wieder zurück: diesmal war es nur noch ein schmaler Schlitz, den ich sehen konnte, wie aus einem U-Boot raus oder einem Schützenpanzer der Schlitz fürs Maschinenegewehr, die 3. OP dann 80% Gas mit ziemlich viel Druck im Auge, viel "rausgekratzt" und plangeschabt im Auge drin (hat sich angehört wie eine Abtreibung) und wieder heftige Entzündungen - die hat mich dann zu Hause völlig lahmgelegt mit ständigen Schmerzen bis es schliesslich wieder heftige Antibiotika benötigt hat, daß ich wieder rumlaufen konnte, dann 5 Tage gutes Sehen, zwar ziemlich lila-weiß, aber immerhin wieder plastisches Sehen und nicht Stolpern, Hinfallen, Kopfanschlagen, Kaffeedanebengiessen und vor allem: Schlafenkönnen und dann bin ich - übermütig, übermütig - mit dem Zug nach Paris gefahren und mit dem Zug wieder zurück (TGV) und dann war die Netzhaut wieder ab, diesmal kein Schatten, nicht schwarz, sondern ein Schleier übers ganze Auge und es hat geschwappt im Auge (nicht das Gas!), gestern die 4. OP und jetzt ist Öl im Auge und alles ist heute ruhig. Ruhig. Ruhig.

War es der Zug> Oder hat sie einfach nicht halten wollen> Keine Ahnung. Aber ich bin froh, daß es Kliniken gibt, die reparieren und ich bin froh, daß es dieses Forum gibt. Wenn es auch beängstigend ist, was man hier liest und man die gutgehenden Fälle nicht so oft zu hören/lesen bekommt: ich bin tendenziell eher ein worst- case Mensch und hasse es, ständig überrascht zu werden von schlechten und schlechtesten Nachrichten: lieber lasse ich mich positiv überraschen oder stelle mich darauf ein, wie eine Eidachse meinen Schwanz abwerfen zu müssen, wenn Gefahr im Verzug ist. Das wäre dann eben das Auge und es ist noch nicht das Leben: das muß man wissen.

Anna-Lucia


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